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Hoffen auf die Forschung

Rahel Zähnler und Michael Müller haben kurz nach der Markteinführung von Trikafta erfahren, dass ihre 5 ½-jährige Tochter Sharon mit ihrer CF-Mutation zu den 20 Prozent der Erkrankten gehört, für die es nicht zugelassen ist. Nach der Erstdiagnose ist dies der zweite Schlag für die Eltern. Ihnen bleibt nur die Hoffnung, dass die Forschung auch für Sharon ein passendes Medikament entwickelt.

«Die Geburt unserer Tochter verlief ganz normal: schnell und zackig», erzählt Rahel Zähnler (44) und lacht. Da haben sie und ihr Mann Michael Müller (41) noch gar nicht gewusst, dass Sharon, inzwischen fünfeinhalb, an Cystischer Fibrose (CF) leidet. «Ich fand lediglich, dass ihr Stuhl ziemlich streng roch», sagt die Mutter. Das hat sie auch der Hebamme erzählt. Zwei Wochen nach dem Neugeborenen-Screening besteht der Verdacht: Sharon leidet an CF. «Ich weiss noch gut, wann und wo ich den Bescheid erhalten habe. Ich war mit Sharon und ihrem 16 Monate älteren Bruder Dionys auf dem Heimweg vom Spielplatz, als Professor Jürg Barben, Leiter des CF-Zentrums am Ostschweizer Kinderspital anrief. Er sagte etwas von einem abnormalen Wert und dass ich gleich morgen früh mit Sharon vorbeikommen solle.» Da sei ihr der Boden unter den Füssen weggerutscht. Zuhause habe sie sich auf den Boden gesetzt und nur noch geweint. «Ich habe erst gar nicht gewusst, was CF ist und mich dann schlau gemacht. Mir gingen unzählige Bilder durch den Kopf», sagt Vater Michael. Obwohl Sharon eine schwere Form von CF hat, ist sie bis jetzt zum Glück kaum beeinträchtigt, ausser, dass sie täglich Medikamente nehmen und inhalieren muss.

Unverzichtbare Atemtherapie

Heute inhaliert Sharon täglich zweimal zehn Minuten. Das überwacht Rahel Zähnler streng. «Ich möchte ihr die besten Voraussetzungen bieten und mir später nicht vorwerfen, ich hätte nicht alles in meiner Macht Stehende versucht.» Auch Atemtherapie mit dem «Flutter» gehört zur täglichen Routine. Die Physiotherapie versucht die Mutter spielerisch in Sharons Alltag zu integrieren: Etwa mit Austoben auf dem Trampolin oder an den Spielgeräten. «Sharon soll möglichst normal aufwachsen und alles machen können wie ihr Bruder. Ich versuche, sie an einen sportlichen Alltag heranzuführen, weil sich Bewegung positiv auf die CF auswirkt, aber unser oberstes Ziel ist ihre Selbstständigkeit», erklärt Mutter Rahel. «Darin ist sie schon sehr gut», findet der Vater. Ihre Verdauungsenzym-Kapseln für den Kindergarten nehme Sharon bereits selbst mit. Aber, dass sie zum Inhalieren jeweils eine halbe Stunde früher aufstehen müsse als ihr Bruder, finde sie zuweilen schon ‹doof›.

Wertvolle Unterstützung

«Zwischendurch war ich völlig überfordert», erzählt Rahel Zähnler weiter, «mit all den Therapien und Terminen, zwei kleinen Kindern und dieser Diagnose». Ihr Mann stimmt zu: «Obwohl wir so früh mit der Therapie angefangen haben und die Schädigungen dadurch hoffentlich weniger ausgeprägt sein werden, belastet uns die CF-Diagnose immer wieder», sagt er. «Zum Glück kennen wir die weitere Entwicklung nicht. Aber wir wissen, dass Sharons Lunge im Verlauf der Zeit Schaden nehmen wird», sagt er. Dass auch die Grosseltern und das ‹Gotti› mit Sharon inhalieren könnten, sei sehr entlastend. So kann das Mädchen hie und da bei ihnen übernachten. Auch das CF-Team am Ostschweizer Kinderspital in St. Gallen empfindet die Mutter als grosse Entlastung: «Sie kennen uns und bringen sich gegenseitig immer auf den neusten Stand. So muss ich Neuigkeiten über Sharons Therapieverlauf nur einmal erklären. Wir fühlen uns dort sehr gut aufgehoben.»

Hilfreicher Austausch mit der CFCommunity

Professor Barben vom Ostschweizer Kinderspital hat die Eltern von Sharon auf die Website von Cystische Fibrose Schweiz (CFS) aufmerksam gemacht. «Zuerst wollte ich mich dort nicht informieren, weil ich dachte, es tue mir nicht gut», erinnert sich Rahel Zähnler. Aber nach einigen ‹Kafi-Höcks› mit Betroffenen und dem Besuch einer CFS-Tagung Ende 2021, hat sie gemerkt, wie gern sie sich mit der CF-Community austauscht. «So gern, dass ich ab 1. Januar 2022 zusammen mit der Co-Leiterin Carmen Hilber, die ich von einem ‹CF-Stammtisch› her kenne, die Leitung der Regionalgruppe Ostschweiz übernehmen werde», erzählt Rahel Zähnler.

Hoffen auf die Forschung

«Als wir vor einem Jahr vom neuen Medikament Trikafta gehört haben, hatten wir grosse Hoffnung, dass auch Sharon eines Tages davon profitieren kann. Leider hat unsere Tochter aber eine Genmutation, bei der Trikafta nicht angewendet werden kann», erklärt Mutter Rahel. «Dies hat uns stark getroffen. Umso wichtiger ist die weitere Forschung rund um die Erbkrankheit. Das ist die einzige Hoffnung für Sharon auf eine markante Verbesserung ihrer Lebensqualität», fährt Vater Michael fort. «Gleichzeitig freuen wir uns mit all jenen Eltern von betroffenen Kindern, die dank Trikafta, das ab 12 Jahren genommen werden kann, keine schlimmeren Lungenschädigungen befürchten müssen und deren Lebenserwartung sich dadurch wesentlich verlängern wird», sagt Rahel Zähnler.

Das Ehepaar aus Waldkirch wirkt aufgestellt, bodenständig und gelassen, aber sorgt sich dennoch um die Zukunft ihrer Tochter. «Ich frage mich oft: Welche Lebenserwartung wird Sharon haben?», sagt Mutter Rahel. Vater Michael ergänzt: «Es ist so wichtig, dass für Kinder wie Sharon weitergeforscht wird, dass all diejenigen, die wie unsere Tochter wegen ihrer Genmutation für Trikafta nicht in Frage kommen, nicht auf der Strecke bleiben.»

Text: Cornelia Etter